Beschlussvorschlag:
Der Verbandsgemeinderat der Verbandsgemeinde Westliche Börde stellt öffentlich fest, dass am Erhalt des Industriedenkmals, ehemalige Maschinenfabrik Steinberg 1 in Hamersleben, kein nachhaltiges öffentliches Interesse besteht.
Begründung:
Die Gemeinde Am
Großen Bruch liegt im Landkreis Börde in Sachsen-Anhalt und hatte am 30.06.2020
2067 Einwohner. Am 03.10.1990 betrug die Einwohnerzahl in Summe der einzelnen
Mitgliedsgemeinden der heutigen Gemeinde Am Großen Bruch 2916. Die
Einwohnerzahl ist demnach um 29,12 Prozent innerhalb von 30 Jahren
zurückgegangen. Die allgemeine demographische Entwicklung im Land
Sachsen-Anhalt ist auch deutlich in der Gemeinde Am Großen Bruch erkennbar.
Die Gemeinde Am
Großen Bruch hat im Rahmen der Gemeindegebietsreform Aufgaben an die
Verbandsgemeinde Westliche Börde übertragen. Die Verbandsgemeinde Westliche
Börde setzt sich aus den politischen Gemeinden Ausleben und Am Großen Bruch
sowie den Städten Gröningen und Kroppenstedt zusammen. Gegründet wurde die Verbandsgemeinde
am 01.01.2010. Am 30.06.2010 hatte die Verbandsgemeinde 9535 Einwohner. Die
Einwohneranzahl betrug am 30.06.2020 nur noch 8668. Damit hat auch die
Verbandsgemeinde in 10 Jahren rund 9,1 Prozent der Einwohner verloren.
Die Anforderungen an
das gemeindliche Zusammenleben waren allerdings nicht rückläufig. Weiterhin
müssen die Gemeinden und Städte alle Flächen und Gebäude in den Gemarkungen
verwalten. Auch haben sich die Anforderungen des Einzelnen an die Wohnsituation
und die Lebensqualität deutlich erhöht. Gerade im ländlichen Raum wählen
Familien die Form des Wohneigentums mit einer eigenen Immobilie anstelle einer
Mietwohnung. Dies führte auch in der Gemeinde Am Großen Bruch sowie in allen
anderen Mitgliedsgemeinden durch die Ausweisung neuer Bauflächen im
Außenbereich zu einer Vergrößerung der einzelnen Ortslagen. An diesem
Beispieltatbestand soll deutlich werden, dass mit einer geringeren
Einwohnerzahl und daraus auch einem geringen finanziellen Spielraum, die
Anforderung zur Verwaltung und Gestaltung der Gemeinden und Städte nicht
kleiner geworden ist.
Mit der politischen
Wende kam für die Großbetriebe in den Orten das Aus. Am 30.06.2018 gab es in
der Gemeinde Am Großen Bruch noch 159 sozialversicherungspflichtige
Beschäftigungsverhältnisse. Diese teilen sich auf eine Vielzahl kleiner
Unternehmen mit unter 10 Beschäftigten auf. Besonders in der Landwirtschaft
gibt es noch eine größere Anzahl an Beschäftigungsverhältnissen.
In der
Verbandsgemeinde gab es zum Stichtag 30.06.2018 1280 sozialversicherungspflichtige
Beschäftigungsverhältnisse. Insgesamt haben 3217 sozialversicherungspflichtig
Beschäftigte im Verbandsgemeindegebiet gewohnt. Es ergibt sich ein
Pendlerdefizit in Höhe von 1939 Beschäftigten. Diese Zahlen zeigen deutlich,
dass die Verbandsgemeinde flächendeckend ein Wohnstandort ist. Die vorhandenen
Betriebe kommen vorwiegend aus den Bereichen Landwirtschaft, Weiterverarbeitung
landwirtschaftlicher Produkte, Pflege, Handwerk, Nahrungsmittelhandel und einer
Vielzahl kleiner Gewerbebetriebe. Die Verbandsgemeinde gehört mit über 160
Beschäftigten zum größten Arbeitgeber in den unterschiedlichen Bereichen.
Durch den
demographischen Wandel und die allgemeinen Rahmenbedingungen um 1990 ist auch
die Nutzung für das Fabrikgebäude der ehemaligen Maschinenfabrik im Steinberg 1
entfallen. Mit mehreren Zwischennutzungen versuchten unterschiedliche
Eigentümer Teile des Gebäudes im Bereich Handel und Lager nach zu nutzen.
Bereits Mitte der 2000er kam es zum vollständigen Leerstand der Liegenschaft.
Die Raumzuschnitte
und die mehrgeschossige Lage der Räume entsprechen nicht mehr dem heutigen
Standard für moderne Produktionsprozesse. Zum aktuellen Zeitpunkt gibt es keine
Firma in der Gemeinde Am Großen Bruch und der Verbandsgemeinde Westliche Börde,
die einen derartigen Flächenbedarf hat. Auch eine Nachfrage von außen nach
derartigen Produktionsflächen ist nicht gegeben. Für den Teil der gemeindlichen
Wohnungen war bereits in den frühen 1990er Jahren erkennbar, dass die baulichen
Gegebenheiten nicht mehr dem heutigen Wohnstandard entsprechen. Daher kam es
zum vollständigen Leerzug der Liegenschaft. In Ballungsgebieten, wie z.B. der
Stadt Berlin, gelingt es derartige Liegenschaft in Teilen zu erhalten. Dies
gelingt jedoch nur mit einer sinnvollen und wirtschaftlichen
Nachnutzungsmöglichkeit. Wie bereits dargestellt, ist die aktuelle Nachfrage an
Wohn- und Geschäftsraum von außen gering. Damit sind die notwendigen Baukosten
nicht wirtschaftlich darstellbar. Auch der Einsatz von Fördermitteln ist nicht
möglich, da geeignete Fördermittelprogramme zur Sanierung nicht vorhanden sind.
Damit ist aufgrund der Landeshaushaltsordnung eine Sanierung für die Gemeinde
und Verbandsgemeinde ausgeschlossen, da diese zum sparsamen und
wirtschaftlichen Umgang mit Haushaltsmitteln verpflichtet sind. Beim aktuellen
Mietspiegel und den zu erwartenden Baukosten, wäre eine Sanierung ohne Einsatz
von Fördermitteln für die Gemeinde und die Verbandsgemeinde unwirtschaftlich.
Die Ortsteile der
Gemeinde Am Großen Bruch sind grundsätzlich sehr stolz auf ihre Geschichte.
Hamersleben feiert im Jahr 2021 1000jähriges Jubiläum. Rückblickend ist
festzustellen, dass sich Hamersleben typisch in der Region entwickelt hat und
damit Analogien zu anderen Orten im Umland bestehen.
Das Gebäude der
ehemaligen Maschinenfabrik verkörpert nur einen Bruchteil der Geschichte von
Hamersleben. Das allgemeine Interesse an der Hamersleber Industrialisierung ist
gering, da wie bereits erwähnt, diese typisch verlief. Die Geschichte
derartiger Gebäude ist vielfach im gesamten Bundesgebiet durch
Nachnutzungskonzepte, die zum Bedarf gepasst haben, für zukünftige Generationen
erhalten geblieben.
Auch die Gemeinde Am
Großen Bruch versucht aktiv Besonderheiten ihrer Geschichte für nachfolgende
Generationen zu erhalten. Dazu gehört z.B. der Erhalt der Telegrafenstation in
Neuwegersleben, der Bockwindmühle Wulferstedt, der Kindertagesstätte
Wulferstedt und eines Wohnhauses in der Kirchstraße in Hamersleben. Diese
Liegenschaften konnten zur Sicherung des Erhalts mit Nutzungen versehen werden,
stellen aber dennoch regelmäßig große finanzielle und personelle
Herausforderungen an die Gemeinde. Für die genannten Gebäude kann ein hohes
öffentliches Interesse nachgewiesen werden.
Auch die
Verbandsgemeinde Westliche Börde investiert gemeinsam mit den
Mitgliedsgemeinden im Rahmen ihrer Zuständigkeit in denkmalgeschützte
Liegenschaften. Besonders ist hierbei die aktuelle Maßnahme in der Gemeinde
Ausleben zu erwähnen. Das alte Wasserschloss “Schloss Trautenburg” wird liebevoll
und mit hohem finanziellen Aufwand, fast ausschließlich aus Eigenmitteln der
Verbandsgemeinde und der Mitgliedsgemeinde Ausleben, saniert. Weiterhin soll
diese Liegenschaft für den kommunalen Kindergarten genutzt werden. Weitere
denkmalgeschützte Liegenschaften sind u.a. die Kindertagesstätte Gröningen und
die Kindertagesstätte in Kroppenstedt. Auch soll z.B. das Gelände “Edelhof Gröningen” unter Mitwirkung der
Verbandsgemeinde als Aufgabenträger für Kindertagesstätten mit einer
Teilnachnutzung versehen werden. Damit ist auch eine Perspektive für den
langfristigen Erhalt dieser Liegenschaft gegeben.
Alle Pflichtaufgaben
der Gemeinde Am Großen Bruch sowie der Verbandsgemeinde Westliche Börde sind
durch andere meist denkmalgeschützte Liegenschaften befriedigt wurden.
Für die Liegenschaft
der alten Maschinenfabrik im Steinberg 1 ist damit weder von Seiten der
Gemeinde, noch von Dritten, eine Perspektive denk- und darstellbar.
Vielmehr wird
deutlich, dass sich die Bevölkerung eine ortsbildtypische Bebauung oder
Freiflächengestaltung in diesem Bereich wünscht. Durch die massive Bebauung
über mehrere Etagen fügt sich das Gebäude nicht in das Umfeld ein. Es stört
sogar stark das gesamte Ortsbild. Eine derartige Bebauung wäre genau aus diesem
Grund bauordnungsrechtlich nach heutigen Maßstäben nicht mehr möglich. Auch
eine industrielle bzw. gewerbliche Nutzung in der mit Wohnhäusern umbauten
Ortslage wäre undenkbar.
Besonders die vom
Gelände ausgehenden Gefahren für Leib und Leben stehen in keinem Verhältnis zum
Denkmalschutz. Der Erker der
Villa ist in allen Bauteilen stark geschädigt. Es besteht eine dauerhafte
Gefahrenlage vom Erker ausgehend, denn dieser droht ohne weitere Vorankündigung
auf die öffentliche Straße zu stürzen. Bei leichten Winden drohen Teile der
flächigen Dachkonstruktion auf die Bundesstraße und umliegenden Gebäude- und
Freiflächen zu stürzen. Außenwände stehen teilweise frei und können ohne
Vorankündigung in den öffentlichen Verkehrsraum stürzen.
Zusammenfassend
stellt der Verbandsgemeinderat, wie auch bereits zuvor der Gemeinderat der
Gemeinde Am Großen Bruch, fest, dass es kein nachhaltiges Interesse am Erhalt
der Liegenschaft gibt. Vielmehr sollte die zeitgeschichtliche Epoche in Form
der Bebauung ordnungsgemäß dokumentiert und archiviert werden, um zukünftigen
Generationen bei Bedarf die Möglichkeit zur Einsichtnahme zu geben. Eine an die
heutigen Anforderungen angepasste Nachnutzung des Standorts der Maschinenfabrik
mit attraktiven Freianlagen und einer Wohnbebauung wird vom öffentlichen Belang
durch den Gemeinderat Am Großen Bruch als sehr hoch eingestuft. Damit kann bei
einer zukünftigen Ausweisung von Bauflächen verhindert werden, dass eine
weitere Versieglung von Ackerflächen stattfindet. Gerade durch den zunehmenden
Fokus auf den Klima- und Artenschutz in der Bevölkerung wiegt dieser
öffentliche Belang stark.
Einstellung im Haushalt erforderlich? |
Ja |
Nein |
Jahr |
Summe |
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Gefertigt |
Verbandsgemeinde- bürgermeister |
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Fabian Stankewitz |
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Fabian Stankewitz |