Beschlussvorschlag:
Der Gemeinderat stellt öffentlich fest, dass am Erhalt des Industriedenkmals, ehemalige Maschinenfabrik Steinberg 1 in Hamersleben, kein nachhaltiges öffentliches Interesse besteht.
Begründung:
Die Gemeinde Am
Großen Bruch liegt im Landkreis Börde in Sachsen-Anhalt und hatte am 30.06.2020
2067 Einwohner. Am 03.10.1990 betrug die Einwohnerzahl in Summe der einzelnen
Mitgliedsgemeinden der heutigen Gemeinde Am Großen Bruch 2916. Die
Einwohnerzahl ist demnach um 29,12 Prozent innerhalb von 30 Jahren
zurückgegangen. Die allgemeine demographische Entwicklung im Land
Sachsen-Anhalt ist also auch deutlich in der Gemeinde Am Großen Bruch
erkennbar.
Die Anforderungen an
das gemeindliche Zusammenleben waren allerdings nicht rückläufig. Weiterhin
muss die Gemeinde alle Flächen und Gebäude in den Gemarkungen verwalten. Auch
haben sich die Anforderungen des Einzelnen an die Wohnsituation und die
Lebensqualität deutlich erhöht. Gerade im ländlichen Raum wählen Familien die
Form des Wohneigentums in Form der eigenen Immobilie, anstelle einer
Mietwohnung. Dies führte auch in der Gemeinde Am Großen Bruch zu einer
Vergrößerung der einzelnen Ortslagen mit der Ausweisung neuer Bauflächen im
Außenbereich. An diesem Beispieltatbestand soll deutlich werden, dass mit einer
geringeren Einwohnerzahl und daraus auch einem geringen finanziellen Spielraum,
die Anforderungen zur Verwaltung und Gestaltung der Gemeinde nicht geringer
sind.
Mit der politischen
Wende kam für die Großbetriebe in den Orten das Aus. Am 30.06.2018 gab es in
der Gemeinde Am Großen Bruch noch 159 sozialversicherungspflichtige
Beschäftigungsverhältnisse. Diese teilen sich auf eine Vielzahl kleiner
Unternehmen mit unter 10 Beschäftigten auf. Besonders in der Landwirtschaft
gibt es noch eine größere Anzahl an Beschäftigungsverhältnissen.
Durch diesen Wandel
ist auch die Nutzung für das Fabrikgebäude der ehemaligen Maschinenfabrik im
Steinberg 1 entfallen. Mit mehreren Zwischennutzungen versuchten unterschiedliche
Eigentümer Teile des Gebäudes im Bereich Handel und Lager nachzunutzen. Bereits
Mitte der 2000er kam es zum vollständigen Leerstand der Liegenschaft.
Die Raumzuschnitte
und die mehrgeschossige Lage der Räume entsprechen nicht mehr dem heutigen Standard
für moderne Produktionsprozesse. Zum aktuellen Zeitpunkt gibt es keine Firma in
der Gemeinde Am Großen Bruch, die einen derartigen Flächenbedarf hat. Auch eine
Nachfrage von außen nach derartigen Produktionsflächen ist nicht gegeben. Für
den Teil der gemeindlichen Wohnungen war bereits in den frühen 1990er Jahren
erkennbar, dass die baulichen Gegebenheiten nicht mehr dem heutigen
Wohnstandard entsprechen. Daher kam es zum vollständigen Leerzug der
Liegenschaft. In Ballungsgebieten, wie z.B. der Stadt Berlin, gelingt es
derartige Liegenschaft in Teilen zu erhalten. Dies gelingt jedoch nur mit einer
sinnvollen und wirtschaftlichen Nachnutzungsmöglichkeit. Wie bereits
dargestellt, ist die aktuelle Nachfrage an Wohn- und Geschäftsraum von außen
gering. Damit sind die notwendigen Baukosten nicht wirtschaftlich darstellbar.
Auch der Einsatz von Fördermittel ist nicht möglich, da geeignete
Fördermittelprogramme zur Sanierung nicht vorhanden sind. Damit ist aufgrund
der Landeshaushaltsordnung eine Sanierung für die Gemeinde ausgeschlossen, da
diese zum sparsamen und wirtschaftlichen Umgang mit Haushaltsmitteln
verpflichtet ist. Beim aktuellen Mietspiegel und den zu erwartenden Baukosten
wäre eine Sanierung ohne Einsatz von Fördermitteln für die Gemeinde unwirtschaftlich.
Die Ortsteile der
Gemeinde Am Großen Bruch sind grundsätzlich sehr stolz auf ihre Geschichte.
Hamersleben feiert im Jahr 2021 1000jähriges Jubiläum. Rückblickend ist
festzustellen, dass sich Hamersleben typisch entwickelt hat und damit Analogien
zu anderen Orten in der Region bestehen.
Das Gebäude der
ehemaligen Maschinenfabrik verkörpert nur einen Bruchteil der Geschichte von
Hamersleben. Das allgemeine Interesse an der Hamersleber Industrialisierung ist
gering, da wie bereits erwähnt, diese typisch verlief. Die Geschichte
derartiger Gebäude ist vielfach im gesamten Bundesgebiet durch
Nachnutzungskonzepte, die zum Bedarf gepasst haben, für zukünftige Generationen
erhalten geblieben.
Auch die Gemeinde Am
Großen Bruch versucht aktiv Besonderheiten ihrer Geschichte für nachfolgende
Generationen zu erhalten. Dazu gehört z.B. der Erhalt der Telegrafenstation in
Neuwegersleben, der Kindertagesstätte Wulferstedt und eines Wohnhauses in der
Kirchstraße in Hamersleben. Diese Liegenschaften konnten zur Sicherung des
Erhalts mit Nutzungen versehen werden, stellen aber dennoch regelmäßig große
finanzielle und personelle Herausforderungen an die Gemeinde. Für die genannten
Gebäude kann ein hohes öffentliches Interesse nachgewiesen werden. Für die Liegenschaft der alten
Maschinenfabrik im Steinberg 1 ist dies weder aus dem Ort, noch von außen
erkennbar.
Vielmehr wird
deutlich, dass sich die Bevölkerung eine ortsbildtypische Bebauung oder
Freiflächengestaltung in diesem Bereich wünscht. Durch die massive Bebauung
über mehrere Etagen fügt sich das Gebäude nicht in das Umfeld ein. Es stört
sogar stark das gesamte Ortsbild. Eine derartige Bebauung wäre genau aus diesem
Grund bauordnungsrechtlich nach heutigen Maßstäben nicht mehr möglich. Auch
eine industrielle bzw. gewerbliche Nutzung in der mit Wohnhäusern umbauten
Ortslage wäre undenkbar.
Besonders die vom
Gelände ausgehenden Gefahren für Leib und Leben stehen in keinem Verhältnis zum
Denkmalschutz. Der Erker der
Villa ist in allen Bauteilen stark geschädigt. Es besteht eine dauerhafte
Gefahrenlage, dass dieser auf die öffentliche Straße zu Stürzen droht. Bei
leichten Winden drohen Teile der flächigen Dachkonstruktion auf die
Bundesstraße und umliegenden Gebäude- und Freiflächen zu stürzen. Außenwände
stehen teilweise frei und können ohne Vorankündigung in den öffentlichen
Verkehrsraum stürzen.
Zusammenfassend
stellt der Gemeinderat der Gemeinde Am Großen Bruch fest, dass es kein
nachhaltiges Interesse am Erhalt der Liegenschaft gibt. Vielmehr sollte die
zeitgeschichtliche Epoche in Form der Bebauung ordnungsgemäß dokumentiert und
archiviert werden, um zukünftigen Generationen bei Bedarf die Möglichkeit zur
Einsichtnahme zu geben. Eine an die heutigen Anforderungen angepasste
Nachnutzung des Standorts der Maschinenfabrik mit attraktiven Freianlagen und
einer Wohnbebauung wird vom öffentlichen Belang durch den Gemeinderat Am Großen
Bruch als sehr hoch eingestuft. Damit kann bei einer zukünftigen Ausweisung von
Bauflächen verhindert werden, dass eine weitere Versieglung von Ackerflächen
stattfindet. Gerade durch den zunehmenden Fokus auf den Klima- und Artenschutz
in der Bevölkerung wiegt dieser öffentliche Belang stark.
Einstellung im Haushalt erforderlich? |
Ja |
Nein |
Jahr |
Summe |
|
X |
|
|
|
Gefertigt |
Verbandsgemeinde- bürgermeister |
Bürgermeister |
||
Fabian Stankewitz |
|
Klaus Graßhoff |
Anlagen: